FORESIGHT
Positionen zeitgenössicher fotografischer Kunst
26. März bis 07. Mai 2006
Die zeitgenössische Fotografie gewinnt in den letzten Jahren wie kaum eine andere Kunstform Aufmerksamkeit und Interesse. Die technologische Entwicklung, ganz besonders die Digitalisierung der Verarbeitungsformen, erschließt immer wieder neue Ausdrucksmöglichkeiten. Grenzen zu anderen künstlerischen Disziplinen werden fließend und fotografische Arbeiten zeigen immer neue gestalterische Varianten - scheinbar realitätsnahe Ausdrucksformen genau so wie abstrahierende Darstellungsmuster. Auch wenn das Experimentieren in den kunstgestaltenden Prozessen der Fotografie nie zu Ende sein dürfte, haben sich doch inzwischen konkrete Positionen herausgebildet, von denen wir in dieser Ausstellung einige zeigen.
Der Kunstverein Augsburg und die Editionsgalerie LUMAS Berlin haben Künstler aus verschiedenen Ländern eingeladen, jeweils einige ausgewählte Werke aus den letzten Jahren zu zeigen. Mit Maurice Scheltens, dessen Arbeit »Bouquet 1« auf Einladungskarte und Plakat zu sehen ist, und Frank van der Salm stellen sich zwei niederländische Fotografen vor, beide völlig unterschiedlich und mit einer unverwechselbaren Handschrift. Während Scheltens seine Stillleben anspruchsvoll mit in Magazinen vorgefundenen Materialien gestaltet und artifiziell komponiert, um sie dann so zu fotografieren, dass eine verwirrende Ähnlichkeit mit barocken Blumen-Stillleben entsteht, sucht sein Landsmann van der Salm distanzierte Blicke auf prononcierte Architekturwelten unserer Zeit, von Menschen gemacht und menschenleer.Verwirrung zwischen Distanz und Nähe stiftet auch der Becherschüler Boris Beckerdurch seine Arbeiten, deren beherrschendes Thema die Suche nach den Strukturen von gestalteter Natur, meist von Feldern ist. Der aus Frankreich stammende Aymeric Fouquez zeigt in einer seiner Serien die beklemmende Position einzelner Friedhöfe, der Erde fast konturlos eingepasst und gleichzeitig in lichter Helligkeit dem Himmel geöffnet. Ein Grenzgänger schließlich ganz eigener Art ist Gero Gries: Er gestaltet Bilder von hoher fotografischer Glaubwürdigkeit - digital. Aber auch der Blick auf den Menschen darf in dieser Ausstellung nicht fehlen: Der in China lebende Han Lei bietet Porträtstudien, deren Ausdruck das Individuelle überwindet und zur Aussage über das allgemein Menschliche findet. Ebenso wirken seine Natur-Porträts. Die Schweizerin Annelies Strba gewinnt bildhafte Fotos aus ihren Videoarbeiten und gibt ihnen impressionistische Leichtigkeit und farbliche Fülle. Ihr Landsmann Comenius Roethlisberger aus Basel sucht die individuellen Porträts in der Erinnerung der Betrachter: Er zeigt leere Räume, die durch ihren Stellenwert in der Öffentlichkeit, sei es z. B. als Museum oder als ehemalige Wohnung einer berühmten Person, emotional aufgeladen werden. Judith Samen stellt Frauen in ihrem Alltag dar, im Spannungsfeld von doppelter und dreifacher Belastung eröffnen die Fotos entlarvende Erkenntnis bis hin zu kuriosen Situationen. Und eine Reihe königlicher Frauen-Porträts soll zuletzt erwähnt werden: Irene Andessners »Donne illustri«, allesamt bedeutsam in ihrer individuellen historischen Leistung, alle als Personen einzigartig und unverwechselbar und alle postum dargestellt von der Künstlerin selbst, die ihnen in ihrem Kunstwerk lebendige Gegenwart zu schenken vermag. Das künstlerische Vexierspiel Andessners zwischen Historie und Gegenwart muss 2006 in der deutschen Mozartstadt natürlich auch Wolfgang Amadeus einbeziehen: Wen wundert es, dass ihr Projekt »I.A. Mozart(?)« neben der Ausstellung präsent ist?
Die Ausstellung FORESIGHT wird von der Stadtsparkasse Augsburg mitgetragen und gefördert. Der Kunstverein Augsburg bedankt sich für die konstruktive Zusammenarbeit und die wertvolle Unterstützung.