Amber Room Society
"Wir werden nicht gleich übereinander herfallen"
24. April 2005 - 29. Mai 2005
Durch ein Nebeneinander, vor allem aber durch ein Übereinander individueller malerischer Standpunkte lotet die Amber Room Society die Möglichkeiten künstlerischen Zusammenwirkens aus. Mit den Mitteln der Wandmalerei, der Installation und mit Bildflächen aus unterschiedlichen Werkstoffen schaffen Arvid Boecker (*1964), Uwe Eßer (*1960) und Jürgen Jansen (*1960) - raumübergreifend - ein Ergebnis, das über die Addition der jeweiligen Bildsprachen ästhetisch weit hinausreicht.
In der Ausstellung im Kunstverein Augsburg stellen nicht nur Überlagerung, Transparenz und meist lackartige Oberflächen Bezüge zum namensgebenden St. Petersburger Bernsteinzimmer her, sondern auch die zeitliche Begrenztheit dieses spannungsreichen Zusammenfindens von Architektur und Kunst.
Während die Amber Room Society ihre ersten "Bernsteinzimmer" 2002 in Krefeld und 2003 in Hannover allein mit den Mitteln der Wandmalerei und -zeichnung sowie aus bedruckten und collagierten Bildflächen und aus transparenten Stoffen entwickelte, kommt im Augsburger Holbeinhaus eine weitere, neue Spielart ihrer Kollaboration zum Tragen: Große Bildtafeln, gleichförmige Module im Format 100 x 200 x 12 cm, durchdringen die Räume, brechen ihre Koordinaten auf. Das geschieht einmal in skulpturaler Formation, einmal in akkurater Reihung, die sich über den Boden zieht und an der Wand als Fries fortsetzt.
Die Einzelmodule wurden jeweils von allen drei beteiligten Künstlern bearbeitet. Durch die integrierte Teilung der Bildflächen lassen sich die Module - ähnlich einem Dominospiel - aneinander anschließen. Mitunter "verlässt" ein Bild die Tafel und breitet sich über die Wandfläche aus. Hier blitzt das Formkonzept, das Vokabular eines einzelnen Künstlers hervor, um sich bald wieder mit der Bildsprache der anderen zum "Gesamtkunstwerk" zu vereinen - durch Annäherung und Durchdringung. Oder durch Überlagerung, bei der die Farbgründe meist lasierend angelegt sind und darunter liegende Elemente - wie die Schichten unterschiedlicher Bernsteinarten im historischen, 1945 verschwundenen Bernsteinzimmer - fein hervorschimmern.
Die in der Gemeinschaftsarbeit liegende Spannung erhöht sich durch die Verschiedenartigkeit der individuellen Beiträge. Während der in Heidelberg lebende Arvid Boecker in den vergangenen Jahren eine abstrakte Malerei entwickelte, die freie, vom malerischen Gestus definierte Farbflächen gegen die strenge Struktur geometrischer Flächen setzt, findet der Krefelder Uwe Eßer sein Formenvokabular in Mustern und in der alltäglichen Bilderwelt der Comics und Illustrierten. Der Bezug tritt in seinen Arbeiten allerdings nur noch schemenhaft in - mit Hilfe des Computers entwickelten - biomorphen Formen und Liniengeflechten auf. Jürgen Jansen bezeichnet seine Bilder als Experimente. Er erprobt die Wirkung der verschiedenartigsten Materialien, arbeitet mit Fotoemulsionen, Ölen und Harzen. Dabei schließt er die überraschenden, nie vollständig planbaren Wirkungen mit in seine Arbeit ein.
Neben dem raumbezogenen Gemeinschaftswerk der Amber Room Society, das in eine Diskussion eingreift, die sich um die Präsentation von Bildern im Raum, aber auch um die Wahrnehmung eines Raumes als Bild dreht, zeigt der Kunstverein Augsburg in Räumen im Obergeschoß des Holbeinhauses auch Einzelarbeiten der drei Künstler. Christian Thöner
Amber Room Society:
Arvid Boecker, *1964,
Studium an der Hochschule der Bildenden Künste Saar, Saarbrücken,
u. a. bei Jochen Gerz
Uwe Esser, *1960,
Studium an der Kunstakademie Düsseldorf,
u. a. bei Beate Schiff
Jürgen Jansen, *1960,
Studium an der Kunstakademie Düsseldorf bei Jan Dibbets
und an der Kunstakademie Karlsruhe bei Per Kirkeby